Wirksamkeit von multiprofessionellen Simulationstrainings in geburtshilflichen Notfällen
Anfrage
Wie ist die Wirksamkeit von teambasierten multiprofessionellen Simulationstrainings auf geburtshilfliche Notfälle im Vergleich zu keinen Trainings?
Ergebnisse
Studien
Für den vorliegenden Rapid Review berücksichtigten wir die Ergebnisse einer umfassenden, rezenten und qualitativ hochwertigen systematischen Übersichtsarbeit (1). Hier sind die Ergebnisse von vier randomisierten kontrollierten Studien (RCTs) (2-5) und 17 Kohortenstudien (6-22) zusammengefasst. Die inkludierten Studien stammen aus den Jahren 2006 bis 2020 und weisen Beobachtungszeiträume von zehn Monaten vor bis zu zwölf Jahre nach Implementation der multiprofessionellen Simulationstrainings auf. Setting der einzelnen Studien waren jeweils eine bis 24 Abteilungen mit insgesamt 1800 bis 34881 Geburten pro Jahr. Die Wirksamkeit von Simulationstrainings wurde anhand verschiedener neonataler und maternaler Outcomes erhoben. Die Trainings von geburtshilflichen Notfällen wurden von multiprofessionellen Teams unterschiedlicher Zusammensetzung absolviert – TeilnehmerInnen waren unter anderem Hebammen, ÄrztInnen für Gynäkologie und Geburtshilfe, PflegerInnen und AnästhesistInnen.
Resultate
- Hypoxisch-ischämische Enzephalopathie des Neugeborenen: Eine randomisiert-kontrollierte Studie (RCT) analysierte insgesamt 28 657 Geburten. Es konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen (mit Simulationstraining vs. ohne Training) gezeigt werden (OR [Odds Ratio]: 3,20; 95% KI [Konfidenzintervall]: 0,77–13,30) (3). Eine retrospektive Kohortenstudie mit insgesamt 19 460 analysierten Geburten kam zu dem statistisch signifikanten Ergebnis, dass die Wahrscheinlichkeit einer hypoxisch-ischämischen Enzephalopathie bei Neugeborenen um die Hälfte verringert war, wenn das involvierte Team geburtshilfliche Notfälle zuvor trainiert hatte – im Gegensatz zu Teams ohne vorheriges multiprofessionelles Simulationstraining (OR: 0,50; 95% KI: 0,26–0,96) (7).
- Verletzungen des Plexus brachialis bei der Geburt: Auch hier konnte der RCT mit 28 657 einbezogenen Geburten keine statistisch signifikanten Ergebnisse berichten, die für oder gegen geburtshilflichen Simulationstrainings von Notfällen sprechen (OR: 1,30, 95% KI: 0,39–4,33) (3). Sechs Beobachtungsstudien mit 116 584 Geburten kamen allerdings zu dem Ergebnis, dass in trainierten Teams die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Plexus brachialis um mehr als die Hälfte reduziert war (OR: 0,47, 95% KI: 0,33–0,68) – im Vergleich zu Teams ohne multiprofessionelles Simulationstraining (8, 10-14).
- Postpartale Blutungen: Die Wahrscheinlichkeit einer schweren postpartalen Blutung mit über 1500 ml Blutverlust war in dem RCT mit 28 657 eingeschlossenen Geburten statistisch signifikant doppelt so hoch, wenn das Fachpersonal geburtshilfliche Notfälle per Simulationstraining übte als ohne Training (OR: 2,20; 95% KI: 1,24–3,90) (3). Auch die Ergebnisse von zwei Kohortenstudien deuteten in diese Richtung: Hier zeigte sich bezüglich einer schweren postpartalen Blutung ein leichter, jedoch statistisch nicht signifikanter Nachteil für Trainingsgruppen (OR: 1,08; 95% KI: 0,96–1,23) (9, 13).
Tabelle 1 zeigt eine Zusammenfassung aller Ergebnisse nach Endpunkten sowie das Vertrauen in die Ergebnisse.
Stärke der Evidenz
Anhand der aktuellen Datenlage kann keine Aussage über die Wirksamkeit eines multiprofessionellen Simulationstrainings in Bezug auf folgende Effekte getroffen werden: Inzidenz von hypoxisch-ischämischen Enzephalopathien bei Neugeborenen sowie das Auftreten von starken postpartalen Blutungen. Das Vertrauen in die aktuelle Studienlage ist insuffizient.
Stärke der Evidenz
Multiprofessionelles Simulationstraining könnte im Gegensatz zu keinen Trainings zu einer starken Reduktion von Verletzungen des Plexus brachialis bei Geburten führen. Das Vertrauen in dieses Ergebnis ist niedrig.
Abbildung 1: Ergebnisse im Überblick
Ausführliche Beantwortung
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