Myopie bei Kindern – können Multifokal-Linsen ein Fortschreiten verhindern?

Anfrage

Kann die Anwendung von Multifokallinsen statt Sehhilfen mit einer Stärke bei kurzsichtigen Kindern ein Fortschreiten der Kurzsichtigkeit verhindern?

Ergebnisse

Studien

Insgesamt fanden wir drei systematische Reviews zu dieser Frage. Zwei Übersichtsarbeiten von 2011 verglichen multifokale Brillengläser mit unifokalen Brillen, während ein Review aus dem Jahr 2017 untersuchte, ob multifokale Kontaktlinsen zu einem geringeren Fortschreiten der Kurzsichtigkeit führen als unifokale Kontaktlinsen. Die Arbeiten untersuchten die Anwendung sowohl von bifokalen als auch von Gleitsichtlinsen in einem Zeitraum von bis zu drei Jahren. Insgesamt wurden die Daten von 2 008 Kindern zwischen sechs und 18 Jahren analysiert.

Resultate

Bei kurzsichtigen Kindern führen bifokale Brillengläser (WMD [gewichtete mittlere Differenz]: 0,14 Dpt [Dioptrien]; 95% KI [Konfidenzintervall]: 0,08 0,19) und Gleitsicht-Brillen (WMD: 0,17 Dpt; 95% KI: 0,10 0,24) gegenüber unifokalen Brillen nach einem Jahr zu einer geringeren Myopie-Progression. Dieser Unterschied bleibt bei Gleitsicht-Brillen nach zwei und drei Jahren bestehen. In der größten Studie hatten Kinder mit Gleitsicht-Brillen nach zwei Jahren einen um durchschnittlich 0,20 Dioptrien (95% KI: 0,09 0,31) und nach drei Jahren um durchschnittlich 0,19 Dioptrien (95% KI: 0,04 0,34) geringeren Myopie-Fortschritt.
Bei kurzsichtigen Kindern führten bifokale Kontaktlinsen und Gleitsicht-Kontaktlinsen gegenüber unifokalen Kontaktlinsen nach einem Jahr zu einer geringeren Myopie-Progression um durchschnittlich 0,12 bis durchschnittlich 0,57 Dioptrien.
Die Studien waren von gemischter Qualität, die Ergebnisse teilweise sehr heterogen. Nur wenige Personen nahmen an den Studien teil und einige Studien wiesen Mängel in der methodischen Durchführung auf. Es zeigte sich jedoch ein durchgehender Vorteil von multifokalen Linsen. Dieser Vorteil scheint allerdings nicht klinisch relevant zu sein.

Stärke der Evidenz

Stärke der Evidenz
3 von 3 = Hoch

Die Evidenzstärke für den Vorteil von bifokalen Brillen und Gleitsicht-Brillen nach einem Jahr gegenüber unifokalen Brillen wird als hoch eingestuft.

Stärke der Evidenz
2 von 3 = Moderat

Der Vorteil von Gleitsicht-Brillen nach zwei und drei Jahren hat auf Grund inkonsistenter Ergebnisse eine moderate Evidenzstärke.

Stärke der Evidenz
1 von 3 = Niedrig
  • Die Evidenzstärke des Vorteils von bifokalen und Gleitsicht-Kontaktlinsen nach einem Jahr gegenüber unifokalen Kontaktlinsen wird als niedrig eingestuft, da die Studien teilweise ein unklares bzw. hohes Bias-Risiko hatten. Die Studien wurden nur mit wenigen TeilnehmerInnen durchgeführt und der Unterschied war in drei der Studien nicht statistisch signifikant.
  • Bifokale Brillen zeigten nach zwei Jahren gegenüber unifokalen Linsen einen Vorteil, die Evidenzstärke hierfür wird als niedrig eingestuft. Drei der vier Studien hatten ein erhöhtes Bias-Risiko, außerdem inkludierten die Studien nur wenige TeilnehmerInnen.
  • Die Evidenzstärke für den Unterschied zwischen bifokalen und unifokalen Brillen nach drei Jahren wird als niedrig eingestuft, da nur eine Studie mit einem erhöhten Bias-Risiko vorliegt.
Ausführliche Beantwortung
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