COVID-19: Manifestationen im Zentralnervensystem

Anfrage

1.) Treten im Rahmen von COVID-19 (Coronavirus Disease 2019) zentralnervöse Symptome bzw. zerebrovaskuläre Komplikationen auf? 2.) Kommt es zu einem Eindringen des Virus in das Zentralnervensystem (ZNS) oder sind allfällige neurologische Manifestationen als parainfektiös zu werten?

Ergebnisse

Studien

Wir fanden zwei retrospektive Beobachtungsstudien mit insgesamt 279 Personen aus dem Jahr 2020, die zentralnervöse bzw. zerebrovaskuläre Komplikationen bei COVID-19 beschreiben [1-3]. Zudem stießen wir auf eine derzeit laufende Studie der Ictal Group, die 250 PatientInnen umfassen soll und die Prävalenz von akuter Enzephalopathie bei schwer erkrankten COVID-19-PatientInnen untersucht.[4]

 

Resultate   

  • Neurologische Symptomatik betreffend ZNS: Eine retrospektive Studie aus Wuhan veröffentlichte ihre Ergebnisse nach zwei Beobachtungszeiträumen. Teil 1 von Mao et al. mit 214 COVID-19-PatientInnen berichtete, dass bei 24,8 Prozent (53 von 214) während der COVID-19-Erkrankung ZNS-Symptome auftraten [1]. Am häufigsten waren Schwindel (16,8 Prozent: 36 von 214), Cephalea (13,1 Prozent: 28 von 214) und Bewusstseinsstörungen (7,5 Prozent: 16 von 214). Davon waren schwer Erkrankte (30,7 Prozent: 27 von 88 Personen) häufiger betroffen als PatientInnen mit mildem Verlauf (20,6 Prozent: 26 von 126 Personen; RR [Relatives Risiko]: 1,49; 95% KI [Konfidenzintervall]: 0,93–2,37). Eine andere Studie aus Frankreich untersuchte ausschließlich COVID-19-PatientInnen, die auf der Intensivstation behandelt wurden [3]. 40 von 58 Personen (69 Prozent) waren agitiert, sobald die Sedierung reduziert wurde, und 39 PatientInnen (67 Prozent) zeigten positive Pyramidenbahnzeichen. Von 45 zum Zeitpunkt der Veröffentlichung entlassenen PatientInnen wiesen 15 (33 Prozent) ein Dysexekutiv-Syndrom auf.

 

  • Zerebrovaskuläre Komplikationen: In beiden Beobachtungsstudien wurden zerebrovaskuläre Komplikationen beschrieben. In Teil 2 der Studie aus Wuhan wurde berichtet, dass 5,8 Prozent (13 von 221 Personen) ein zerebrovaskuläres Ereignis erlitten [2], während von den IntensivpatientInnen der Studie aus Frankreich 5,2 Prozent (3 von 58) betroffen waren. Die chinesische Studie zeigte, dass ältere Personen (71,6 +-15,7 Jahre vs. 52,1 +- 15,3 Jahre, p<0,05) oder solche mit schwerem COVID-19-Krankheitsverlauf (84,6 vs. 39,9 Prozent, p<0,01) häufiger ein zerebrovaskuläres Ereignis hatten. Gleiches gilt für Personen mit Risikofaktoren wie Hypertonie (69,2 vs. 22,1 Prozent, p<0,001), Diabetes (46,2 vs. 12 Prozent, p=0,004) oder vormaligem kardio-zerebrovaskulären Ereignis (23,1 vs. 6,7 Prozent, p=0,07). Konträr zu den Beobachtungsstudien war das Alter in einer Fallserie von fünf COVID-19-PatientInnen mit Schlaganfall wesentlich niedriger (33 bis 49 Jahre) [5].

 

  • Enzephalitiden: Die inkludierten Studien beschrieben keine Enzephalitiden. In der französischen Studie wurden sieben Liquorproben entnommen; in keiner ließ sich mittels PCR-Tests SARS-CoV2 nachweisen [3]. Es kann lediglich auf eine Fallstudie verwiesen werden, die eine Meningoenzephalitis im Zusammenhang mit COVID-19 beschrieb; dabei war der Liquor des Patienten im PCR-Test auf SARS-CoV-2 positiv.[6]

Im Rahmen von COVID-19 kommt es zu unterschiedlichen neurologischen Manifestationen. Es besteht jedoch derzeit unzureichende Evidenz, ob die neurologischen Komplikationen vom Virus direkt verursacht werden oder durch parainfektiöse Mechanismen zustande kommen.

 Vertrauen in das Ergebnis:

Neurologische Komplikationen bei COVID-19

Stärke der Evidenz
1 von 3 = Niedrig

Im Rahmen von COVID-19 treten neurologische Komplikationen auf. Um die Validität der Häufigkeiten zu steigern, bedarf es größerer Kohorten.

Neurologische Komplikationen: durch COVID-19 verursacht oder parainfektiös?

Stärke der Evidenz
0 von 3 = Insuffizient

Ob das Virus in das ZNS eindringt oder ob die beobachteten neurologischen Komplikationen als parainfektiös zu werten sind, bleibt unklar.

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